«Der ERZ-Direktor ist nicht mehr tragbar»

Aktualisiert

Zürich«Der ERZ-Direktor ist nicht mehr tragbar»

Dass der Kredit fürs Logistikzentrum Hagenholz wegen interner Verfehlungen um 14,7 Millionen überschritten wurde, ärgert Politiker – vor allem, weil das kaum Konsequenzen hat.

som
von
som

Bei den Stadtzürcher Grünen ist man verärgert. «Da passieren so viele Fehler und es gibt nur eine schriftliche Ermahnung für den hauptverantwortlichen Direktor», sagt Fraktionspräsidentin Karin Rykart.

Tatsächlich ist der Kredit für das Logistikzentrum Hagenholz wegen jahrelanger interner Verfehlungen bei der Abteilung Entsorgung und Recycling Zürich (ERZ) um 14,7 Millionen Franken überschritten worden, wie der Abschlussbericht zeigt.

«Stadt beschönigt Kreditdebakel»

Dass die Stadt gemäss Bericht dank Mehreinnahmen keinen finanziellen Schaden davonträgt, ist für Rykart keine Entschuldigung und eine Verharmlosung der Verfehlungen: «Diese Mehreinnahmen hätte man anders verwenden können.» Sie findet, dass der zuständige Stadtrat Filippo Leutenegger (FDP) nun durchgreifen sollte: «Dass er lediglich eine dürre Mitteilung zum Thema verschickt, zeigt doch, dass er das Ganze nicht genügend ernst nimmt.»

Bei der AL ist man gar der Meinung, dass der Stadtrat das Kreditdebakel beschönigt, wie Gemeinderat Niklaus Scherr sagt: «Informationen werden lediglich häppchenweise an die Öffentlichkeit gebracht.»

«Was braucht es bei der Stadt alles, bis man entlassen wird?»

SP-Fraktionschef Davy Graf findet, dass Leutenegger nun die Abläufe bei ERZ genau überprüfen sollte: «Schliesslich geht es um Millionen Steuergelder.» Während er personelle Konsequenzen in der alleinigen Verantwortung von Leutenegger sieht, findet man bei der CVP, dass der ERZ-Direktor nicht mehr tragbar ist. «Ich frage mich, was es alles braucht, bis man bei der Stadt entlassen wird», sagt Gemeinderat Christian Traber.

Ebenfalls versteht Traber nicht, warum die Kreditüberschreitung für die weiteren verantwortlichen ERZ-Mitarbeiter keine Folgen hat: «Sie sind zwar mittlerweile pensioniert, aber es gibt doch noch andere Sanktionen.»

Personelle Konsequenzen in der Privatwirtschaft

Auch SVP-Fraktionschef Martin Götzl ist der Ansicht, dass solche Verfehlungen in der Privatwirtschaft personelle Konsequenzen hätten. Laut Götzl sollte nicht Stadtrat Leutenegger zur Rechenschaft gezogen werden, sondern seine Vorgängerin Ruth Genner (Grüne). «Sie wurde zwar im Bericht entlastet. Dass sie aber solche Unregelmässigkeiten nicht bemerkte, ist schwer nachvollziehbar.»

GLP-Fraktionspräsidentin Garcia Isabel findet es zwar auch nicht gut, was im ERZ passiert ist. Trotzdem ist sie gegen personelle Massnahmen: «Niemand hat sich daran bereichert. Es steckte keine kriminelle Energie dahinter.»

Einzig bei der FDP, deren Stadtrat Leutenegger dem ERZ politisch vorsteht, will man nichts zum Abschlussbericht sagen. «Wir warten zuerst die Untersuchungen der Gemeinderats-Sonderkommission zu diesem Thema ab», sagt Fraktionschef Michael Schmid.

Stadtrat stellt sich hinter Pauli

Leutenegger selber spricht Pauli derweil sein Vertrauen aus: «Es gibt keine Hinweise, dass irgendwelche Bereicherungsabsichten oder strafrechtliche Verfehlungen im Spiel waren», sagt er gegenüber NZZ online. «Daher kommt er mit einer Ermahnung davon. Abgesehen von diesem Projekt hat er seinen Laden gut im Griff. ERZ ist hervorragend aufgestellt. Aber hier hätte er merken müssen, dass es einen Nachtragskredit braucht. »

Deine Meinung